Wissenschaftsteam intensiviert Forschung an Lithium-Schwefel-Batterien

Internationales Verbundprojekt „AReLiS-3“ startet am MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster

In dem internationalen Verbundprojekt „AReLiS-3“ setzt das MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster seine Forschung an Lithium-Schwefel-Batterien fort. Ziel des Projekts ist es, neuartige Zelldesigns, Materialien, Elektrodenbeschichtungen und Elektrolyte für schwefelbasierte Batteriesysteme zu entwickeln, zu untersuchen und zu optimieren. So möchte das Team die bisher noch rasante Alterung der Batteriezellen abfedern und den Weg für den technologischen und industriellen Durchbruch ebnen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Vorgängerprojekte steht die noch tiefergehende Charakterisierung der Elektrodengrenzflächen im Fokus: Die Grenzflächen der Elektroden beeinflussen maßgeblich die Performanz der Zellen. Gleichzeitig treten dort besonders häufig negative Alterungseffekte auf. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die deutschen Partner in dem auf knapp zweieinhalb Jahre angelegten Projekt mit rund 1,9 Millionen Euro.

Das Forschungsteam wird die elektrochemischen Prozesse innerhalb der Zellen mittels komplementärer analytischer Methoden weiter entschlüsseln. Ergänzend zu den schwefelbasierten Kathoden untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konventionelle Kathoden auf Nickel-Mangan-Kobalt-Basis und vergleichen sie miteinander. „Um einen weiteren Schritt in Richtung Anwendung zu gehen, werden wir die vielversprechendsten Lithium-Schwefel-Konzepte unter industrienahen Aspekten hochskalieren sowie in Pouch-Zellen zyklisieren, also mehrfach laden und entladen, und untersuchen“, erklärt Projektmanager Dr. Simon Wiemers-Meyer, stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs „Analytik & Umwelt“ am MEET Batterieforschungszentrum.

Zum Hintergrund: Viele bisherige Lithium-Schwefel-Konzepte kämpfen mit dem Alterungsphänomen, dass sich im Elektrolyten lösliche Polysulfide an der Kathode bilden. Das verursacht eine irreversible Ablagerung von Schwefelspezies an der Anode. Die Folge: Bereits nach wenigen Lade- und Entladezyklen kann die Kapazität der Lithium-Schwefel-Batterien auf ein niedriges Niveau sinken. Ein Ansatz, dem entgegenzuwirken, ist die Verwendung fester Elektrolyte. In den Vorgängerprojekten „AReLiS-1 und -2“ haben sich die Wissenschaftler deshalb mit den Reaktionen der Kathoden in flüssigen, festen und hybriden Elektrolyten beschäftigt. Enormes Potenzial für langzeitstabile Lithium-Schwefel-Batterien liegt etwa in der Verwendung reiner Polymer-, Fest- und Hybridelektrolyte. Diese Elektrolyte reduzieren nicht nur die Polysulfid-Migration, sondern können auch dazu beitragen, die Aktivmaterialien verstärkt auszunutzen. Auf Basis der tieferen Einblicke in die chemischen Prozesse entwickelte das Team neue Materialien für Lithium-Schwefel-Konzepte sowie neue Methoden für deren Analyse.

In dem Projekt arbeiten das Team des MEET gemeinsam mit Wissenschaftlern des Helmholtz Instituts Münster des Forschungszentrums Jülich, der Technischen Universität Dresden, dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (Fraunhofer IWS) Dresden, der Waseda Universität (Japan), dem National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (Japan), der Tohoku Universität (Japan) sowie der Kyushu Universität (Japan). Die Projektlaufzeit ist von November 2023 bis März 2026.

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Quelle: Pressemitteilung / Pressestelle der Universität Münster (upm)




Forscher untersuchen wasserbasiertes Batterie-Recycling

Millionen-Förderung für Verbundprojekt: Nachhaltigkeit und zirkuläre Wirtschaft im Fokus

Das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien spielt nicht nur aufgrund seiner ökologischen Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle in der Batterieforschung, sondern auch aufgrund der Rohstoffknappheit. Während in Deutschland und Europa die Anzahl an Produktionsstätten steigt, fehlt es an natürlichen Vorkommen zahlreicher Ausgangsmaterialien für die Batteriezellproduktion. An diesem Punkt setzt das neue Forschungsprojekt „ProRec“ (kurz für „Neuartige Prozesse während des Recyclings von wässrig prozessierten und zukünftigen Batterien“) an, das das MEET Batterieforschungszentrum der Universität Münster gemeinsam mit den im dortigen Fachbereich Chemie und Pharmazie ansässigen Instituten für betriebswirtschaftliches Management sowie für Anorganische und Analytische Chemie koordiniert. Mithilfe eines wasserbasierten Recyclingverfahrens wollen die Forscherinnen und Forscher Materialien aus wässrig prozessierten also unter Verwendung von Wasser als Lösungsmittel hergestellten Elektroden zurückgewinnen und auf ihre Weiternutzung hin analysieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Verbundprojekt über drei Jahre mit 3,2 Millionen Euro.

Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit im Blick

In der Kathodenherstellung für Lithium-Ionen-Batterien werden fluorfreie Binder eingesetzt, die wässrig prozessiert werden können und damit bereits in der Herstellung umweltfreundlich sind. „Für das Recycling bringen diese Binder neue Möglichkeiten mit sich“, erklärt Dr. Sascha Nowak, einer der Projektkoordinatoren und Leiter des Forschungsbereichs Analytik und Umwelt am MEET. Ziel des Projekts ist es, herauszufinden, wie sich die Wasserlöslichkeit der Binder nutzen lässt, um mittels wasserbasierter Recyclingprozesse sowohl das Aktivmaterial von den Stromsammlern abzulösen als auch die weiteren wasserlöslichen Bestandteile, wie zum Beispiel Lithiumsalze, zu extrahieren.

Um das neue Verfahren mit gängigen Recyclingmethoden vergleichen zu können, werden die wässrig prozessierten Elektroden zusätzlich über eine klassische Prozessroute rezykliert. Anschließend charakterisiert das Wissenschaftsteam die zurückgewonnenen Materialien, bereitet sie auf und untersucht sie im Hinblick auf einen Einsatz in neuen Batteriezellen. Zum Abschluss beurteilen die Forschenden den ökologischen Nutzen sowie die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens. „Mit dem Projekt stärken wir die zirkuläre Wirtschaft von Batterien“, sagt Sascha Nowak.

An dem Verbundprojekt beteiligt sind außerdem die Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB in Münster, das Institut für Aufbereitung, Recycling und Kreislaufwirtschaftssysteme der Technischen Universität Clausthal, das Institut für Partikeltechnik der Technischen Universität Braunschweig und das physikalisch-chemische Institut der Justus-Liebig-Universität Gießen.


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Quelle: Pressemitteilung / Pressestelle der Universität Münster (upm)




Festkörperbatterien: Cluster startet in die zweite Runde

Zwei Arbeitsgruppen der Universität Münster an Projekt “FestBatt” des Bundesforschungsministeriums beteiligt

Der Kompetenzcluster für Festkörperbatterien „FestBatt“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) startet in die zweite Förderphase. In der ersten Phase (2018 bis 2021) erarbeiteten mehr als 100 Forscherinnen und Forscher die wissenschaftlichen Grundlagen der Synthese sogenannter Festelektrolyte als Kernkomponenten von Festkörperbatterien. Im Mittelpunkt der zweiten Phase, die jetzt startet, steht die Entwicklung von Zellkomponenten und ganzen Festkörperbatteriezellen auf der Basis dieser Elektrolyte und der dafür notwendigen Material- und Prozesstechnologie. Hierfür setzt das BMBF die Förderung des Kompetenzclusters „FestBatt“ mit insgesamt rund 23 Millionen Euro für drei Jahre fort. Beteiligt sind 17 wissenschaftliche Einrichtungen, darunter erneut zwei am Standort Münster: die Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) Münster und das Helmholtz-Institut Münster.

Das Konzept der Festkörperbatterie gilt als mögliche Weiterentwicklung der heute gängigen Lithiumionenbatterien mit flüssigen Elektrolyten. Festkörperbatterien kommen ohne brennbare Bestandteile aus und versprechen höhere Energiedichten sowie kürzere Ladezeiten. Sie erfahren daher international großes Interesse, das von zahlreichen Ankündigungen industrieller Akteure verstärkt wird. Allerdings sind eine Reihe von wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen auf dem Weg zum kommerziellen Erfolg und zur Massenproduktion von Festkörperbatterien noch ungelöst.

In den Projekten der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Andreas Heuer am Institut für Physikalische Chemie, die auch Aktivitäten im Helmholtz-Institut Münster einbeziehen, werden mittels Computersimulationen Prozesse in Festkörperbatterien untersucht und auf dieser Basis Vorschläge zur Optimierung entwickelt. Im Zentrum der Studien stehen Grenzflächen zwischen verschiedenen Batteriekomponenten sowie neuartige Elektrolytsysteme, die auf gezielt synthetisierten polymeren Materialien basieren.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Wolfgang Zeier am Institut für Anorganische und Analytische Chemie ist an zwei Projekten des Clusters beteiligt. Zum einen arbeiten die Forscher daran, neue Festelektrolyte mit verbesserten Eigenschaften wie beispielsweise eine Erhöhung der Langzeitstabilität der Festkörperbatterien zu entwickeln. Zum anderen wollen sie neue hybride Festelektrolyte entwickeln, um mechanische Spannungen in Festkörperbatterien zu verringern.


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Spin-Sonics: Schallwelle lässt Elektronen kreisen

Forscherteam weist “Spin” einer Nanoschallwelle erstmals in Echtzeit nach / Brückenschlag zwischen Akustik und Optik

Einem deutsch-amerikanischen Forscherteam aus Augsburg, Münster, Edmonton, West Lafayette und München ist es gelungen, die rollende Bewegung einer Nanoschallwelle nachzuweisen, die der berühmte Physiker und Nobelpreisträger Lord Rayleigh 1885 vorhersagte. In einer in der Fachzeitschrift “Science Advances” veröffentlichten Studie verwenden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Nanodraht, in dessen Inneren Elektronen durch den “Spin” der Schallwelle auf Kreisbahnen gezwungen werden. Dieses nun nachgewiesene Phänomen kann beispielsweise in akustischen Quantentechnologien oder in sogenannten phononischen Bauelementen, mit denen sich die Ausbreitung akustischer Wellen kontrollieren lässt, gezielt verwendet werden.

Schallwellen sind wahre Tausendsassa in der modernen Nanophysik, da sie nahezu jedes andere System beeinflussen können. Beispielsweise sorgen winzige mikroakustische Chips in Computern, Smartphones oder Tablets dafür, dass die empfangenen “Wireless”-Funksignale elektronisch weiterverarbeitet werden. Trotz vielseitiger Einsatzgebiete verstehen selbst Experten die grundlegenden Eigenschaften der Nanoschallwellen immer noch nicht vollständig.

“Seit Lord Rayleighs bahnbrechender Arbeit war klar, dass es Schallwellen gibt, die sich an der Oberfläche von Festkörpern ausbreiten und die eine ganz charakteristische elliptische, rollende Bewegung aufweisen,” erläutert Physik-Professor Dr. Hubert Krenner, der die Studie an der Universität Augsburg leitete und jüngst an die Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) Münster wechselte. “Die direkte Beobachtung dieses transversalen Spins, wie wir Physiker diese Bewegung nennen, ist uns nun bei Nanoschallwellen endlich gelungen.”

In ihrer Studie verwendeten die Forscher einen hauchdünnen Nanodraht, der auf einen piezoelektrischen Kristall – Lithiumniobat – aufgebracht wurde. Dieser Kristall verformt sich beim Anlegen einer elektrischen Spannung. So kann mit kleinen Metallelektroden, sogenannten Schallwandlern, eine Schallwelle auf dem Kristall erzeugt werden. Umgekehrt erzeugt die Schallwelle ein elliptisch rotierendes (gyrierendes) elektrisches Feld. Dieses zwingt wiederum die Elektronen im Nanodraht auf Kreisbahnen. Prof. Zubin Jacob, der an der Purdue University forscht, ist begeistert: “Wir kannten dieses Phänomen bis jetzt für Licht. Nun ist es uns gelungen zu zeigen, dass dies ein fundamentaler Effekt ist, der auch bei anderen Arten von Wellen wie Schall in einem technologisch so relevanten Material wie Lithiumniobat auftritt.”

Die vorgestellten Forschungsergebnisse sind ein Meilenstein, da der erstmals beobachtete transversale Spin gezielt zur Kontrolle von Nanosystemen oder für die Informationsübertragung verwendet werden kann. Maximilian Sonner, Doktorand am Augsburger Physikinstitut, erläutert: “Wir beobachten die Bewegung von Elektronen in den an der TU München hergestellten Nanodrähten durch das von den Elektronen abgestrahlte Licht.” Seine Kollegin Dr. Lisa Janker ergänzt: “Wir verwenden hier ein extrem schnelles Stroboskop, mit dem wir in der Lage sind, diese Bewegung auch bei hohen Frequenzen bis in den Gigahertz-Bereich quasi in Echtzeit zu beobachten.”

Dr. Farhad Khosravi, der seine Doktorarbeit vor Kurzem in der Arbeitsgruppe von Zubin Jacob abgeschlossen hat, sagt: “Ich konnte meine Berechnungen für Licht direkt auf die Rayleigh-Schallwelle übertragen. Es war zwar seit Langem bekannt, dass Licht und Schallwellen ähnliche Eigenschaften besitzen. Nichtsdestotrotz ist die Übereinstimmung phänomenal.”

Die Forscher sind überzeugt, dass deshalb ein ganz fundamentales physikalisches Prinzip zugrunde liegt. “Unsere Arbeit ist nur ein erster, aber entscheidender Schritt,” unterstreicht Hubert Krenner. Das Team forscht mit Hochdruck daran, den transversalen Spin von Schallwellen mit dem anderer Wellen zu koppeln. “Nun gilt es”, sagt Zubin Jacob, “diesen transversalen akustischen Spin gezielt auszunutzen, um mit ihm beispielsweise optische Quantensysteme oder den Spin von Licht zu manipulieren.”

Das Projekt erhielt in Deutschland finanzielle Unterstützung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über die Projekte KR3790/6-1 und KO4005/6-1 und in den USA über das “DARPA Nascent Light-Matter Interactions”-Programm.

Originalveröffentlichung:

M. M. Sonner, F. Koshrawi, L. Janker, D. Rudolph, G. Koblmüller, Z. Jacob, H. J. Krenner (2021): Ultrafast electron cycloids driven by the transverse spin of a surface acoustic wave. Science Advances 7; DOI: 10.1126/sciadv.abf7414


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Quelle: Pressemitteilung / Pressestelle der Universität Münster (upm)